Buber und Freunde


Buber , Martin
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Muth, Cornelia
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Teil III, Abschnitt 7

Eigentlich ist dieser Abschnitt viel zu umfangreich und inhaltsschwer, um sich hier in so knapper Form darüber austauschen zu können. Kommt vielleicht auch daher die Pause seit III.6?

Im ersten Teil unternimmt es Buber, über die christliche „Versenkungslehre“, die mystische Erfahrung, zu reflektieren. Doch die mystische Erfahrung hat sich immer der Beschreibung, der Vermittlung und vor allem der Analyse verweigert. Buber versucht es dennoch. So bleibt für mich dieser Teil blaß. Sein Reden ist genau jene „Rätselwebe“, die er just der Mystik vorwirft: „Aber größer als alle Rätselwebe an Rande des Seins ist uns die zentrale Wirklichkeit der alltäglichen Erdenstunde, mit einem Streifen Sonne auf einem Ahornzweig und der Ahnung des ewigen Du.“ – Das ist zwar sehr schön gesagt, aber ich habe meine Zweifel, ob er hier nicht die Wirklichkeit der mystischen Erfahrung unterschätzt. Diese hat immer in die Welt hineingeführt, nicht aus ihr heraus! Aber das scheint er nicht so zu sehen. So bleibt mir sein Bild einer weltfernen abendländischen „Versenkungslehre“ suspekt.

Weiter unten im Abschnitt, im Zwiegespräch mit Buddha, bewegt er sich deutlich sicherer. Beim Lesen hatte ich den Eindruck, daß er, obwohl er oben diffus-unorientiert in der christlichen Mystik begann, nun doch sehr zielsicher voranstrebt. Seine behutsamen Überlegungen zum Buddhismus und besonders zum Rad der Wiedergeburten resonieren sehr in mir.

Immer wieder spannende Aussagen in einer kraftvollen Sprache:

„Dem unschiedlichen Geheimnis unschiedlich gegenüberstehen ist die Urbedingung des Heils.“ (Was „die Urbedingung des Heils“ ist, gehört wohl nicht zu dem Wissen, das Menschen zugemessen ist. Ich wäre hier vorsichtiger!)

„Nur wer an die Welt glaubt, bekommt es mit ihr selbst zu tun; und gibt er sich dran, kann er auch nicht gottlos bleiben. Lieben wir die wirkliche, die sich nie aufheben lassen will, nur wirklich in all ihrem Grauen, wagen wir es nur, die Arme unseres Geistes um sie zu legen: und unsre Hände begegnen den Händen, die sie halten.“
sehen - 17. Aug, 17:46

so - und doch anders

Zu Teil III Abschnitt 7
In der Tat ist Abschnitt 7 der längste dieses Büchleins und bringt uns etwa ein Zehntel des gesamten Buches. Das wird schon seine Bedeutung haben. Buber hat wohl seine Vorrede beendet, uns soweit ans Thema herangeführt und rechnet damit, dass wir für seine Fingerzeige nun aufnahmefähig sind. Ganz anders könnte es aber auch so sein, dass wir aufgrund des schon mit Buber auf den vorangegangenen Seiten gelernten selbst sehen können, wie es wirklich ist, so dass wir uns nicht an Worten und Theorien aufhalten müssen.

Buber knüpft in Abschnitt 7 zunächst an den vorangegangenen Abschnitt an, in dem er sich mit der religiösen Lehre von der Abhängigkeit befaßt hatte. Diese Lehre paßt offensichtlich nicht zu Bubers Ich-Du und insbesondere zu der Anrede des Ewigen Du. Buber äußert sich wohl so, als sei die Abhängigkeitslehre eher „falsch.“ Ich habe den Eindruck, hier ist ein guter Punkt, um mal darüber zu sprechen, was in göttlichen Dingen oder Fragen der Religion richtig oder falsch ist.

Mit Buber ist es klar, dass es beim Reden über Gott kein Richtig oder Falsch geben kann sondern nur ein „unvollständig“ (und sicher auch ein sehr mangelhaft ...), denn es ist wohl immer ein Stück weit so, aber auch ganz anders. Nur kann wohl bei manchen Vorstellungen darauf hingewiesen werden, dass sie nicht sehr weit führen können, oder dass zumindest nach der eigenen Erfahrungen oder nach den Gesetzen einer Denklogik andere Vorstellungen weiter führen. Darum bemüht sich Buber. Das ist auch spannend für uns, gerade in diesen Abschnitten, denn es ist klar, dass Buber die Quäker Idee des „von Gott in jedem Menschen“ ablehnen bzw. als zwar nicht ganz falsch aber höchst unvollständig und eher in die Irre führend bezeichnen würde.
Auch kann es bei der Anrede von Gott kein Richtig oder Falsch geben. Allerdings mag es eine menschliche, allzu menschliche Debatte darüber geben, ob „man“ Gott überhaupt anreden kann oder darf. Da positioniert sich Buber nun eindeutig. Ich glaube, dass er sagt, dass man das nicht nur kann und darf, sondern ohnehin, quasi mit jedem Atemzug tut – nur eben wiederum mehr oder weniger vollständig, wirksam oder angemessen. Schließlich geht es also nicht um ein Richtig oder Falsch, sondern darum, persönliche Erfahrungen mit Gott weiterzugeben und bei anderen zu unterstützen. Dabei darf man nicht vergessen, dass Buber weder ein Religion gründen, noch wirklich eine erneuern wollte, sondern vorrangig seine Experimente mit Gott und das was er aus ihnen gemacht hatte der Welt zur Verfügung stellen wollte (kein Martin Luther, eher ein George Fox). Ich vermute, wir könnten die chassidischen Geschichten studieren, um zu sehen „woher“ das kommt. Diese Vermutung ist nicht sehr gewagt – Buber sieht es selbst so.

Ich schreib bei Gelegenheit noch was zu den einzelnen Absätzen dieses Abschnitts.

sehen - 29. Aug, 15:56

Noch was zu Teil III – Abschnitt 7

Buber beginnt den 7. Abschnitt indem er sich auf die Struktur der vorangegangenen Abschnitts bezieht: „Von der entgegengesetzten Seite aus geschieht das gleiche…“ Im „entgegengesetzt“ lese ich einen kleinen Hinweis auf eine mögliche, aber nicht stattfindende Beziehung. Das „geschieht das gleiche“ kann ich nur in Frage stellen, wenn ich nach dem suche, was im vorangegangenen Abschnitt „geschieht“ und auch von der Logik her, wenn ich mir überlege, ob in zwei recht unterschiedlichen Zusammenhängen wirklich „das gleiche“ geschehen kann. Vielleicht ist Bubers Wortwahl aber auch nicht ganz so kritisch zu betrachten. Vielleicht soll dieser erste Satzteil nur eine (mir unnötig erscheinende) Verknüpfung herstellen, ohne allzu tiefe Bedeutung. Vielleicht soll er sich auch ausschließlich auf den letzten Satz des vorangegangenen Abschnitts beziehen – wo allerdings eigentlich nicht ein Geschehnis, sondern ein „wollen“ dargestellt wird. Nun, vielleicht meint Buber also, „die Versenkung oder (Ver-, Zurück- bzw.) Einwandlung in das Selbst als das wesentliche Element des religiösen Akts zu sehen, heißt den Träger der Beziehung und damit sie selber entwirklichen zu wollen.“ Das würde im Verhältnis zum folgenden Text Sinn machen. Die Gemeinde, die solchen Vorstellungen anhängt, trifft Bubers Gegenrede wahrscheinlich im gleichen (schwachen) Maße, wie die, die reine Beziehung als Abhängigkeit versteht: die eine Seite, wie auch die ihr „entgegengesetzte Seite“ teilen einfach nicht Bubers Vorstellung von Gott und schon gar nicht von reiner Beziehung. Hier ist also spannend, ob Buber helfen kann, zu einem Dialog zwischen den Religionen der Welt (wenn, dann nicht nur zwischen den Weltreligionen) zu kommen. Für mich ist hier und im gesamten Buch erstmal nur entscheidend, ob mir Buber weiterhilft, ob ich meine Erfahrungen besser ausgedrückt sehe, als ich das selber könnte, ob ich zu neuen Erfahrungen befähigt werde, weil mir „ein Licht aufgeht.“

Im folgenden setzt sich Buber, so meine ich, mit religiösen Haltungen auseinander, denen er zum Teil selbst anhängt bzw. –hing, ebenso wie der im vorangegangenen Abschnitt. Buber bleibt sich aber sicher, dass es sich vor allem um „Betrachtungsweisen“ handelt: sie können an der Wirklichkeit der Welt und an der Gottes nichts ändern. Sie ändern allerdings wohl sehr viel daran, ob und inwiefern der Betrachter Gott und die Welt sehen kann… Buber spricht dann nicht nur von Betrachtungsweisen, sondern auch davon, woran diese „glauben:“ Vereinigung bzw. Identität des Menschlichen mit dem Göttlichen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten das Wort glauben zu benutzen. Buber benutzt es hier offenbar sehr wertfrei, weder klar im Sinne von „nicht wissen,“ noch klar als „in tiefst möglicher Erfahrung wissen.“ Er stellt dem aber das „Behaupten“ an die Seite, womit er zum Ausdruck bringt, dass er die Grundlagen oder Begründungen der Versenkungs- und der Identitätslehren in Zweifel zieht oder nicht erkennt.

Am Ende dieses ersten Absatzes von Abschnitt 7 führt Buber dann das Bild vom brückenartigen Bogen ein – wieder ein schönes, buchstäblich spannendes Bild für die Beziehung. Eindrücklich bekräftigt er seinen eigenen festen Glauben an die Existenz der Beziehung. Die Abhängigkeitslehre will er rhetorisch ad absurdum führen, indem er zeigt, dass ein Bogen nicht gut auf einem Pfeiler existieren kann – ein Bild, das architektonisch nicht ganz überzeugt. Auch seine Argumente gegen die beiden anderen Lehren besagen nicht viel mehr und nicht weniger als „und (der Bogen der) Beziehung existiert doch…

Danach gliedert sich seine Abarbeitung auf. Er bezeichnet die Versenkungs- und die Identitätslehren als Wege. Wiederum für mich ein guter Hinweis auf ein kommunikatives Religionsverständnis. Er wendet sich zunächst der Identitätslehre zu und erklärt, das Johannesevangelium, aus dem ja auch die Quäker viel ziehen, sei nicht geeignet zur Herleitung der Identitätslehre, da dort gerade vor allem Beziehung dargestellt würde und der eine Hinweis auf Identität so sehr allein steht, dass man ihn für fremd, halten muss. Dann setzt er sich ganz lebendig mit der Mystik auseinander. Seine Frage an die Mystik ist: ist das ein wirkliches, ein wahres Erleben – kann das dann noch in Zweifel gezogen werden. Ein sehr persönlicher Ansatz – ich habe den Eindruck, sehr passend im Umgang mit der Mystik und jedenfalls respektvoll. Er antwortet damit, dass das Geschehnis (die Fakten) nicht in Frage gestellt werden sollen, dass aber die geistige Interpretation ex post eine Vermengung und damit Verwechslung darstelle, die ihm früher auch unterlaufen sei.

Es gäbe also durch aus ein Einswerden – aber nicht nur eines und keinesfalls dürften die verschiedenen Formen zusammengeworfen werden. Das erste Einswerden sei eines der Seele und habe damit weder mit Gott (die Seele ist nicht identisch mit…, Teil von … oder teilweise bestehend aus Gott) noch mit Beziehung (die Seele kann bzw. soll nicht vom Selbst, vom Ich, vom Menschen abgespalten werden) zu tun. Dieses Einswerden ereignet sich ausschließlich innerhalb eines einzigen Wesens – dem Menschen. Dieses Einswerden ist die tiefere Konzentration, gerade das Aufheben der Spaltungen in Ich, Selbst, Seele und verschiedene andere Bestandteile, das Ende der Zerstreuung. Dieses Einswerden ist erst die Grundvoraussetzung für die tieferen Wahrnehmungen, für Beziehung. Wer aber dabei stehen bleibt und das Einswerden an sich feiert („die Seligkeit der Sammlung auskostet“) und sich dabei sozusagen gehen läßt, es dabei bewenden läßt, verwechselt die Vorbereitung mit dem Ziel, sozusagen das Packen mit der Reise. Und keinesfalls dürfe also dieses Einswerden mit einer Begegnung mit Gott oder gar mit dem Einswerden mit Gott verwechselt werden.

Das zweite „Einswerden“ sei dann die Beziehung selbst. Weder dieses für sich, noch zusammen mit dem ersten Einswerden, könne und dürfe aber zum Schluss auf ein Einswerden mit Gott verleiten. Die Beziehung könne nur deshalb mit einem Einswerden verwechselt werden, weil mit dem Ende des kurzen Beziehungserlebnisses ein Gefühl des Mangels, der Abgespaltenheit einsetze. In den Augenblicken des Beziehungserlebnisses (sei es Ich-Du oder „ewige“), ist nach Buber eine Beobachtung und Beurteilung der Beziehung definitionsgemäß ausgeschlossen. Und danach, also außerhalb der Beziehung ist zwar Beurteilung möglich, aber von etwas was nicht da ist und nicht wirklich erspürt werden kann. Die Gefahr der Täuschung ist also groß – und genau die behauptet hier also Buber. Es ist aber nicht nur die Behauptung – es ist natürlich auch Bubers Logik, wonach Verschmelzung die Beziehung aufheben würde und gerade die tiefste Beziehung keine wäre. Und dann führt er ein eher praktisches Argument gegen die „Einheitsextase“ an, ebenfalls ein Hinweis, der in Bubers Werk immer wieder auftaucht: die Verherrlichung, Vergottung des Beziehungserlebnisses, der Beziehung selbst führt raus aus der Welt. Wir haben aber allen Ernstes ein Leben zu leben. Wir stehen also in diesem Leben bestenfalls Gott gegenüber. Die „Einheit,“ wenn es sie denn gäbe, läßt sich nicht leben. Die Einigungsexstase zu suchen, sei also nicht ganz schlau. Außerdem gibt es diese Einheit eben, nach Buber, nicht – ebensowenig, wie es sie in der menschlichen Beziehung gibt. Was an dieser Stelle als Einheit gesehen wird, sei die verzückende Dynamik der Beziehung, die sich erst richtig entfalten kann, wenn sie so wahrgenommen wird. Mir ging es aber auch schon so, dass ich die Beziehung als eine eigene, lebendige, starke Wesenheit empfunden habe - und so bestätigt Buber wohl, die mag man gelegentlich ruhig als Einheit empfinden. Beziehung ist weder Ich noch Du, noch Ich und Du sondern dazwischen, darum und darüber hinaus – also anders und mehr als Ich und Du (aber nichts ohne Ich und Du). Insofern ist klar, dass Beziehung etwas eigenes ist und insofern auch als Einheit (Identität) empfunden werden kann – bloss eben nicht identisch mit dem Ich oder mit dem Du.

Dann wendet sich Buber der (anderen) Versenkungslehre zu. „Allwesen“ und „Selbstwesen“ seien eines, so dass es keine Beziehung geben könne, behauptet diese laut Buber und widerlegt sie sogleich mit einem ihr eigenen Zitat. Ich habe Zweifel, ob diese klassische Rhetorik (Popanz aufbauen und draufschlagen) wirklich geeignet ist, um mit dem ernsten Glauben anderer umzugehen. Zum Glück wissen wir, dass sich Buber diesen Lehren selbst zumindest zeitweise nahestehend fühlte und sich ernsthaft mit ihnen auseinandersetzte. Seine Hauptargumente bezieht er dann aber wieder aus einem dreifachen Verweis auf die gelebte Wirklichkeit. In ihr gäbe es keine Einheit des Seins, keine Wahrung des Reinen, Eigentlichen Dauernden. Der Versenkung stellt er die Einsammlung gegenüber, die alles einbezieht, den ganzen Menschen will, die Wirklichkeit meint und selbst sei. Ob die Versenkungslehre wirklich die Einkehr in das Eine Denkende fordert und in welchem Zusammenhang, weiss ich nicht. Buber jedenfalls verwirft solch eine Forderung natürlich sogleich.

Es folgt das von Horch hervorgehobene Wort vom Heilsleben. Ich habe den Eindruck, dass dies, ebenso wie das Gotteswort nicht so tabuisiert werden muss. Ja, mit Buber, haben wir nicht viel Ahnung davon, ist jedes Wort falsch, wenn es nicht auch das andere miteinschließt und vor allem das nicht gedachte und unsagbare. Andererseits „kein Wort“ zu sagen scheint noch falscher – weil wir hier eben ein Leben zu leben und vielleicht auch ein Zeugnis abzulegen haben. Heil kommt etymologisch jedenfalls von „ganz.“ Whole und holy gehören übrigens danach auch zusammen, so wie Heil und heel. Warum sollte man also nicht vom ganzheitlichen, vom intakten Leben, vom Leben, so wie es sein kann sprechen können. Was Buber mir hier zu sagen scheint ist, dass wo es Aufspaltung gibt, kein Heilsleben, kein Einssein sein kann, aber schon die Aussage über das Seiende bedeutet eine Aufspaltung (Es-Welt), die eben das Einssein (Heilsleben) verhindert. Wenn Buber dann über die Urbedingung des Heils spricht, dann greift das über dieses Eins sein noch hinaus. Das Heilsleben liegt in der Beziehung zu dem Geheimnis. Wir haben hier wieder die versuchte Rede von Gott, die Annäherung an das Undenkbare. Und dann: es gibt einen Weg, es gibt ein Ziel. Und das aus der erlebten Gewissheit, dass es ein Alles und ein Nichts gibt. Aber kein Wort weiter, worüber es nicht diese Form der Gewissheit gibt – was gegenüber der Wirklichkeit unseres Lebens untreu wäre. Kein Wort also über Jenseits oder Wiedergeburt, worüber es für uns keine Gewissheit geben kann, weil das außerhalb unserer Wirklichkeit liegt. Er korrigiert dann noch philosophisch den Buddhismus: es geht nicht um die Vermeidung der Wiederkehr, sondern darum, in jeder Wiederkehr das richtige zu tun – Beziehung zu leben und in der jeweiligen Wirklichkeit wirklich zu sein. Buddha kenne das Du-Sagen, aber er lehre es nicht. Nicht nur lehre er es nicht, sondern er entsage ihm quasi. Das hätten aber seine Nachfolger schon wieder korrigiert – in einer Art Verballhornung von Buddhas Leben.

Dann kommt ein weiteres Bild: der in sich zurückgebogene menschliche Geist. Auch wenn vom Geist die Rede ist, stelle ich mir dabei einen Schlangenmenschen vor, der seinen Hintern anspricht: Die Selbstbetrachtung als erster Wahn, die Selbstauslöschung als zweiter. Hier führt er nun auch den Buddhismus ad absurdum. Der Unterschied zwischen Buddhismus und Wirklichkeit sei wohl, dass zwar in mir die Welt als Vorstellung wohne, aber damit noch lange nicht „in mir“ sei.

„…im wirklichen Leben können die Wege von sehr verschiedenen Seelenhaltungen aus einander kreuzen.“ Nicht ob ich die Welt bejahe oder verneine, sei entscheidend, sondern ob ich wirklich lebe und in Beziehung trete - oder nur meine eigene Haltung erlebe und in der Seele nachvollziehe – letzterer mag noch so gedankenvoll sein, er ist weltlos. Nun ist also gedankenvoll nicht falsch, nach Buber, aber für sich nichts. Sich auf die Welt einlassen, es mit ihr zu tun zu bekommen, das ist, was zählt. Die wirkliche Welt in ihrem Grauen lieben – dann entsteht Begegnung…

Die Welt trennt also nicht von Gott, sondern Gott ist nur wahrnehmbar durch die Welt.

Horch - 2. Sep, 15:32

Worte wörtlich nehmen?

Danke für Deine langen Reflexionen. Nocheinmal zu den Urbedingungen des Heils: Als gelernter Katholik habe ich "Heil" als Seelenheil verstanden, dessen gnadenlose Alternative die "ewige Verdammnis" ist. In diesem Sinne habe große Hemmungen, ultimative Bedingungen für das "Seelenheil" eines Menschen zu statuieren. Freilich, wenn ich mich auf den von Dir vorgeschlagenen weiten Sinn des Wortes "Heil" einlasse, ist Bubers Heilssatz zweifellos o.k.

An dieser Stelle könnte man darüber nachdenklich werden, inwieweit der unscharfe Gebrauch von Worten notwendig für die Ermöglichung von Kommunikation ist (… denn wenn wir genau hinsehen, ist fast jeder Satz, ist jeder Begriff aus einer gewissen Perspektive unwahr, und wer sensibel genug ist, leidet darunter, daß er den Phänomenen irgendwo Gewalt antut, wenn er sie in Begriffe zwängt …). Aber wir heben uns das für ein andermal auf :-)

sehen - 3. Sep, 19:43

Scharfe Begriffe

Oh, wir müssen uns das nicht aufheben. Wir werden es aber auch nicht hier und jetzt abschließen können.
Ich habe den Eindruck, dass Buber seine Worte eigentlich immer auf die Goldwaage legt. Manchmal finde ich es vielleicht nicht so zwingend, wie er formuliert. Es kann aber gut sein, dass dann an der Stelle mich der Sinn, den Buber vor seinem Hintergrund und seinen Erfahrungen hatte, mich nicht erreicht.
Außerdem habe ich jetzt über diese ausführliche Buber Lektüre schon ein Stück weit gelernt, einerseits Buchstabe für Buchstabe zu lesen, sich aber gleichzeitig auch beliebig weit von den Worten zu entfernen und wirklich zu versuchen zu verstehen. Zu pendeln zwischen Offenbarung und "was ist bei mir," was versteh ich wirklich nicht und was will ich nur nicht verstehen, oder, wo habe ich einfach solche Erfahrungen nicht und kann aber teils vielleicht doch erahnen, was Buber dorthin geführt hat, von wo er spricht.
Und der beste Test an Buber, finde ich, ist zu sehen: wo steht er in der Beziehung, wenn überhaupt. Wo stehen die anderen, wo stehe ich ...

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