Teil III, Abschnitt 5 – Wer suchet – der verschließt schon die Augen
Es gibt also einen Du-Sinn beim Menschen. Dieser Sinn strebt seinem Ewigen Du zu. Kann der Sinn vom Mensch getrennt sein ? Buber sagt weiter oben wohl, dass Gefühl und Mensch durchaus nicht eins seien. Sinn und Mensch sind zwar nicht ein und dasselbe, aber ich sehe nicht, wie sie sich trennen lassen könnten. Kann der Sinn allein/selbst streben ? Vielleicht, wenn wir ihn als die Essenz des Menschen verstehen, das was nicht träge zurück bleibt.
Aus den Beziehungen zu allem einzelnen Du widerfährt diesem Sinn eine Enttäuschung. Eine Enttäuschung ist eine Klärung, ein Schritt näher zur Wahrheit – nichts verwunderliches also an dieser Stelle. Spannender das Wort „widerfährt“ – das bedeutet wohl, der Sinn erleidet etwas, gegen das er sich nicht wehren kann und was seine Richtung verändert. Es ist dann wohl diese Enttäuschung, die ihn seinem ewigen Du zu streben läßt. Über die Beziehungen zu allem einzelnen Du hinaus aber nicht hinweg. Statt hinaus, paßte „hindurch“ besser zu dem Linien-Bild. Auch hier wäre der Schwerpunkt falsch gesetzt, wenn wir uns an hinaus und hindurch zu lange aufhalten würden. Entscheidender scheint mir das Wort „alle“ zu sein – alle im umfassenden und gleichzeitigen Sinn, ist wohl gemeint – die Synästhethik oder Zusammenwahrnehmung, wie es beiläufig so schön hieß ...
Streben ist nicht suchen, auch das ist klar. Und diesem klaren Etwas stellt Buber dann wieder eine große, eher schwer zu fassende Einsicht zur Seite. Das scheint mir Bubers Rhetorik zu sein: immer wieder mit dem klaren und einfachen zu beginnen, das jeder kennt und dem jeder zustimmen kann. Dann schreibt er also weiter, es gäbe „in Wahrheit kein Gottsuchen, weil es nichts gibt, wo man ihn nicht finden könnte.“ Da steht nicht: Gott ist überall oder Gott ist in/hinter allem, Gott ist versteckt, oder man kann Gott finden. Da steht eher, ich könnte ihn überall finden. Ob ich ihn denn irgendwo finde, steht auf einem völlig anderen Blatt (dem der Beziehungen…), und hat wenig mit der Suchbewegung zu tun. Ich glaube, es hat doch etwas mit einer Suchbewegung zu tun, wenn die nämlich gleichzusetzen ist mit dem Streben des Beziehungssinns über alle die Beziehungen zu allem einzelnen Du hinaus. Nein, das können wir gleich wieder verwerfen, denn streben ist nicht suchen, wie oben schon als banal festgestellt. Vor allem aber sagt Buber mit diesem Satz explizit, dass man nicht suchen kann, wie nach etwas, das nicht zu sehen ist, das nicht da ist, das sich versteckt hat, das verloren ist ... all das ist Gott genau nicht. Das Wort Suchen erweckt also so völlig falsche Assoziationen, dass es für diese Zwecke gleich abgetan werden kann.
Das Streben wird dann weiter sehr schön erläutert: „...wie wenn einer seines Weges geht und nur eben wünscht, es möchte der Weg sein...“
„Gewärtig, nicht suchend, geht er seines Weges;“ da steckt das Warten drin – wiederum die Achtsamkeit (guardare). Gelassenheit und Berührung – das entspringt aus der Gewärtigkeit, das schafft Beziehung, das hilft. Gefunden hat er, wenn er über alles hinaus, aber nicht hinweg ist, dann ist sein Herz dennoch dem Einzelnen nicht abgewandt...
Der Weg ist Finden – nicht Suchen. Die alte asiatische Weisheit: wer suchet, der findet nicht, ist daher zwar nicht direkt falsch, aber auch nicht richtig – also keine Weisheit. Dieses Finden, von dem hier die Rede ist, hat nichts mit Suchen zu tun. Suchen verhindert Finden nicht absolut – aber Finden kommt sicher nicht vom Suchen, eher vom frei sein vom Suchen.
Gott läßt sich weder mittels Deduktion noch mittels Induktion beweisen – er läßt sich überhaupt nicht beweisen. Er ist nach Buber weder „Teil von,“ noch gibt es etwas anderes, dass Teil von ihm wäre, er steckt nicht in... und etwas anderes steckt nicht in ihm. Er „ist“ nur und ist damit nicht „aussagbar“ (beschreibbar, definierbar, möglicher Gegenstand einer Aussage) – aber ansprechbar. Wunderbar !
Aus den Beziehungen zu allem einzelnen Du widerfährt diesem Sinn eine Enttäuschung. Eine Enttäuschung ist eine Klärung, ein Schritt näher zur Wahrheit – nichts verwunderliches also an dieser Stelle. Spannender das Wort „widerfährt“ – das bedeutet wohl, der Sinn erleidet etwas, gegen das er sich nicht wehren kann und was seine Richtung verändert. Es ist dann wohl diese Enttäuschung, die ihn seinem ewigen Du zu streben läßt. Über die Beziehungen zu allem einzelnen Du hinaus aber nicht hinweg. Statt hinaus, paßte „hindurch“ besser zu dem Linien-Bild. Auch hier wäre der Schwerpunkt falsch gesetzt, wenn wir uns an hinaus und hindurch zu lange aufhalten würden. Entscheidender scheint mir das Wort „alle“ zu sein – alle im umfassenden und gleichzeitigen Sinn, ist wohl gemeint – die Synästhethik oder Zusammenwahrnehmung, wie es beiläufig so schön hieß ...
Streben ist nicht suchen, auch das ist klar. Und diesem klaren Etwas stellt Buber dann wieder eine große, eher schwer zu fassende Einsicht zur Seite. Das scheint mir Bubers Rhetorik zu sein: immer wieder mit dem klaren und einfachen zu beginnen, das jeder kennt und dem jeder zustimmen kann. Dann schreibt er also weiter, es gäbe „in Wahrheit kein Gottsuchen, weil es nichts gibt, wo man ihn nicht finden könnte.“ Da steht nicht: Gott ist überall oder Gott ist in/hinter allem, Gott ist versteckt, oder man kann Gott finden. Da steht eher, ich könnte ihn überall finden. Ob ich ihn denn irgendwo finde, steht auf einem völlig anderen Blatt (dem der Beziehungen…), und hat wenig mit der Suchbewegung zu tun. Ich glaube, es hat doch etwas mit einer Suchbewegung zu tun, wenn die nämlich gleichzusetzen ist mit dem Streben des Beziehungssinns über alle die Beziehungen zu allem einzelnen Du hinaus. Nein, das können wir gleich wieder verwerfen, denn streben ist nicht suchen, wie oben schon als banal festgestellt. Vor allem aber sagt Buber mit diesem Satz explizit, dass man nicht suchen kann, wie nach etwas, das nicht zu sehen ist, das nicht da ist, das sich versteckt hat, das verloren ist ... all das ist Gott genau nicht. Das Wort Suchen erweckt also so völlig falsche Assoziationen, dass es für diese Zwecke gleich abgetan werden kann.
Das Streben wird dann weiter sehr schön erläutert: „...wie wenn einer seines Weges geht und nur eben wünscht, es möchte der Weg sein...“
„Gewärtig, nicht suchend, geht er seines Weges;“ da steckt das Warten drin – wiederum die Achtsamkeit (guardare). Gelassenheit und Berührung – das entspringt aus der Gewärtigkeit, das schafft Beziehung, das hilft. Gefunden hat er, wenn er über alles hinaus, aber nicht hinweg ist, dann ist sein Herz dennoch dem Einzelnen nicht abgewandt...
Der Weg ist Finden – nicht Suchen. Die alte asiatische Weisheit: wer suchet, der findet nicht, ist daher zwar nicht direkt falsch, aber auch nicht richtig – also keine Weisheit. Dieses Finden, von dem hier die Rede ist, hat nichts mit Suchen zu tun. Suchen verhindert Finden nicht absolut – aber Finden kommt sicher nicht vom Suchen, eher vom frei sein vom Suchen.
Gott läßt sich weder mittels Deduktion noch mittels Induktion beweisen – er läßt sich überhaupt nicht beweisen. Er ist nach Buber weder „Teil von,“ noch gibt es etwas anderes, dass Teil von ihm wäre, er steckt nicht in... und etwas anderes steckt nicht in ihm. Er „ist“ nur und ist damit nicht „aussagbar“ (beschreibbar, definierbar, möglicher Gegenstand einer Aussage) – aber ansprechbar. Wunderbar !
sehen - 26. Jul, 15:03
Dieser Abschnitt nun scheint mir endlich die Brücke zu schlagen: „Gewärtig, nicht suchend, geht er seines Wegs; daher hat er die Gelassenheit zu allen Dingen und die Berührung, die ihnen hilft.“