Buber und Freunde


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Erfahrung kommt von „fahren“ – Teil I sechster und siebenter Abschnitt

Das lese ich in diesen beiden Abschnitt:

„Der Erfahrende hat keinen Anteil an der Welt ... Die Welt hat keinen Anteil an der Erfahrung.“ Erfahrung ist also die klassische Ich-Es Situation. Auch wenn ich innere Erfahrungen mache oder geheime Erfahrungen mache handelt es sich um so etwas wie Erkundungen an der Oberfläche. Nein, es können auch Erkundungen ganz tief drinnen sein. Dabei wird ein Wissen gefördert. Es kann um wichtige Dinge gehen, aber die Dinge – jeder Gegenstand auf den sich die Erfahrung bezieht“ – ist nicht beteiligt. Es gibt also keine Beziehung auf der Ebene der Erfahrung.

Natürlich ist dann als nächstes doch eine Ich-Du Beziehung mit dem Objekt der Erfahrung möglich – aber das setzt eine andere Haltung als die des Erfahrens voraus.

Etymologisch (nach „Kluge“):
erfahren: von irfaran, zunächst durchreisen, dann ein Land kennenlernen, daneben als Adjektiv: bewandert, klug
Empirie – Beobachtung, Erfahrung, von peíra, Versuch, Erfahrung

Bei der Erfahrung handelt es sich also um eine Technik der Wissenschaft – zwar noch recht nah am Objekt und nicht nur auf Formeln basierend, aber eben nicht im Dialog.
bahnfahrerin - 21. Feb, 12:30

Erfahren - erleben

Einen Weg "erfahren"
Das Fahren vereinfacht mir die Reise aber macht sie auch oberflächlicher. Ich gucke aufs Tacho oder auf die Leuchtanzeige im ICE 280km/h. Ich bringe einen Weg hinter mich. Mit der Landschaft und den Menschen dort komme ich nicht in Kontakt. Ich "erfahre" viel von der Gegend, eine Beziehung kann sich durch die Scheibe aber nicht aufbauen. (ICH-ES)

Einen Weg "erleben"
Unter meinen Wanderschuhen kann sich eine Beziehung zum Weg ergeben. Ich fühle, rieche, höre, kann vielfältigen DU's begegnen, es sind direkte Begegnungen möglich. (ICH-DU)
Gehe ich den Weg um die Natur zu "erforschen" bleibt es eine ICH-ES Welt - gehe ich aber mit der Offenheit die Natur in ihrer Fülle zu erleben wird es eine ICH-DU Welt.

"Und wenn ihr nicht werdet wie die Kinder..." Ich mache seit Jahren Waldpädagogik mit Kindergarten-Kindern - und mir ist der Zusammenhang nie so klar gewesen, wie er mir jetzt wird nach der Erkenntnis des ICH-DU und ICH-ES.
Kinder bis ca. 7 Jahre leben in der ICH-DU Welt, es steht im Vordergrund die Umwelt und die Lebenszusammenhänge zu "erleben" (ohne Wertung, ohne Kategorisierung, ohne Distanz).

Im darauffolgenden Alter kommt die notwendige Phase der
"Erfahrung". Der Schwerpunkt verlagert sich auf die ICH-ES Welt. Sie wollen nicht nur forschen, sondern ihre Ergebnisse sortieren, einordnen, erklärbar machen. Die Schule, das systematische Lernen am Tisch gibt kaum Raum für "Erleben" - alles wird erfahren.
Und jetzt dürfen wir die Erfahrung nicht höher achten als
das Erleben, sondern zusammenfassen in unserem Leben, als wichtige Pole. Die ICH-ES Welt darf nicht ohne die ICH-DU Welt sein!

Wenn uns das DU fehlt, fehlt Verantwortungsbewusstein.

Wir schützen nur was wir kennen und lieben.

sehen - 22. Feb, 10:00

mal mitgedacht

„Ich "erfahre" viel von der Gegend.“
Ein anschaulicher Satz, vor allem, wenn ich die Betonung auf „viel“ lege. Zur ICH-ES-Beziehung braucht es aber immernoch eine B e z i e h u n g. Im ICE z.B. bleibt zu fragen, ob man wirklich soviel erfährt – dazu gehört immerhin der Forscherblick – oder eher nur durchfährt/durchquert. Ob es also überhaupt eine Beziehung/Erfahrung gibt.


„Unter meinen Wanderschuhen kann sich eine Beziehung zum Weg ergeben.“
Ich würde fast sagen: „In meinen Wanderschuhen,“ aber ein schönes Bild ist es. In (aber wohl auch unter) meinen Schuhen ist dieses Wirken und Zurückwirken sehr gut wahrnehmbar. Daraus kann (aber muß nicht) ein Ich-Du-Erleben entstehen, zB mit dem Weg. Übrigens auch im Zerstören.

Zu den notwendigen Phasen
Ich bin mir nie so sicher, ob sich das genau an Lebensjahren festmachen läßt, wenngleich es klar ist, dass irgendwo zwischen dem 5. und dem 9. Lebensjahr erkennbar wird, dass ein Kind „groß“ oder „vernünftig“ o.ä. wird. Nach Buber sind das Entwicklungsschritte, aber nicht unbedingt Phasen, wo eines das andere ablöst, an seine Stelle tritt. Das Du gibt es von Anfang an für jeden Menschen. Das Ich entsteht aus der Beziehung zum Du. Das Du ist also notwendig für das Ich. Und das Es entsteht erst aus/mit dem Ich. Ohne Beziehung sind weder Ich noch Du oder Er/Sie/Es vorhanden. Ohne das Erleben keine Erfahrung. Insofern kann man das als wichtige Pole verstehen. Das entscheidende an den Polen ist aber ihre Beziehung, dass eines ohne den anderen nicht vorstellbar ist – nicht, dass sie einander entgegengesetzt oder gegenüberliegend wären. Die ICH-ES Welt kann also nicht ohne die ICH-DU Welt sein!

„Wenn uns das DU fehlt, fehlt uns das Verantwortungsbewusstsein.“
OK, ich würde so ähnlich ansetzen und zuerst sagen, "wenn uns das Du fehlt, fehlt uns vor allem die Beziehung. Wie soll ich auch etwas verantworten, zu dem ich beziehungslos bin – oder genauer: keine Beziehung spüre. Denn eigentlich fehlt wohl nicht die Beziehung, sondern die Wahrnehmung der Beziehung. Und dann ist Verantwortungsbewußtsein die Wahrnehmung der Beziehung. Mathematisch zusammengekürzt könnte man Fragen, ob Verantwortung dann Beziehung ist. Und weiter wäre zu fragen, ob nicht auch eine Ich-Es-Beziehung zu Verantwortung führt.

„Wir schützen nur was wir kennen und lieben.“
Sehr schön finde ich hier das „und.“ Genau das ist es: die Ich-Er/Sie/Es-Beziehung (kennen) gehört eben zur Ich-Du-Beziehung (lieben). Das muss sich beides ergänzen. In welchem Verhältnis das „schützen“ dazu steht, ist mir noch nicht ganz klar. Vor allem, ob es eine notwendige Verknüpfung in die eine oder andere Richtung gibt. Schützen ist sicher eine (mögliche) Auswirkung von Beziehung, typischerweise wohl eher der Ich-Es-Beziehung. Schützen bekommt natürlich erst dann eine ökologische Bedeutung, wenn ich sehe, dass das, was ich schütze (d.h. wohl: „nicht zerstöre“), auch mich schützt... Das kann dann also zur Ich-Du-Beziehung werden. Der Gegenstand meines Schutzes – aktiv wie passiv !

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