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Dienstag, 1. Februar 2005

Teil 1 Abschnitt 21- Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass

Auch hier hat Buber Beobachtungen gemacht, die zwar nicht gerade Allgemeingut geworden sind, aber doch von vielen geteilt werden. Ich glaube er sagt in etwa: Das Gegenteil von Liebe ist die Beziehungslosigkeit. Buber sagt übrigens nichts direkt darüber, was das „Gegenteil“ von Liebe ist. So etwas kann es im Wortsinn nicht geben. Selbst Vakuum paßt als Gegenbegriff wohl nicht richtig - und schon gar nicht „Gleichgültigkeit.“

Buber hätte wohl gegen Gleichgültigkeit gar nichts einzuwenden, vor allem, soweit es sich nicht um eine Haltung der ständigen Bewertung aller Dinge – wenn auch als gleich – handelt, sondern um eine Frage der (zeitweisen) Emotionalität. Für ihn kommt es eher auf das Sehen und die Beziehung an.

Ja, in diesem Abschnitt bringt er die Liebe doch in Beziehung zum Sehen: Liebe, wie er das Wort benutzt, ist nie blind, während Hass stets blind ist. Genauer sagt er, solange die Liebe nicht das ganze Wesen sieht, gibt es noch nicht die Ich-Du–Beziehung. Hass aber sieht nie das ganze Wesen. Der Hassende sieht immer nur einen Teil des Wesens.

„Wer ein ganzes Wesen sieht und es ablehnen muss, ist nicht mehr im Reich des Hasses, sondern in dem der menschenhaften Einschränkung des Dusagenkönnens... entweder den anderen oder sich selbst ablehnen zu müssen: das ist die Schranke, an der das In-Beziehung-treten seine Relativität erkennt und die erst mit dieser aufgehoben wird.“ Es ist also aus zahlreichen Gründen nicht praktisch zu erwarten, dass ich mit allen oder allem eine Ich-Du-Beziehung eingehen kann. Ich darf mir zugestehen, dass ich nicht DU sagen kann – und dabei den anderen auch ganz sehe. Ich kann andererseits zwar einen Teil des anderen sehen und ihn hassen. Dann aber sollte ich wissen, dass es mehr an diesem gehassten Wesen gibt und ich mit meinem Hass weder ihm noch mir „gerecht“ werde, sondern in einem mehr oder weniger bewussten Zustand der Blindheit verharre, aus dem ich gelegentlich rauskommen sollte, um nicht mir und anderen zu schaden.

„Doch der unmittelbar Hassende ist der Beziehung näher als der Lieb- und Haßlose,“ schreibt Buber am Ende des Abschnitts. Es geht ihm natürlich um die konkrete Beziehung zum konkreten Objekt des Hasses, nicht um die Lieb- und Hasslosigkeit im Allgemeinen. Ich kann jetzt nicht ganz verstehen, warum der Hassende der Beziehung näher sein soll, als der Haßlose. Ich verstehe das vielleicht in Hinsicht auf den Lieblosen, wenn Lieblosigkeit in einem bestimmten Verhältnis zu Liebe steht. Wenn man bei beiden Worten von dem gleichen Begriff der Liebe ausgeht, wäre Liebe also z.B. „beziehungsnah,“ das ganze Wesen sehend, lieblos demzufolge der gewählten Definition gemäß beziehungsfern und nicht das ganze Wesen sehend. Der Hassende ist dann aber möglicherweise genauso beziehungsfern sein. Zumindest sieht auch er nicht das ganze Wesen.
Ich halte es jedenfalls nicht für zutreffend, zu schließen, auch der „nicht Hassende“ (in diesem Sinne Haßlose) sei beziehungsfern. Das ganze erhellt sich nicht stärker, wenn man annimmt, Buber meine den, der gleichzeitig lieb- und haßlos ist. Allerdings klärt sich an dieser Stelle wohl ein Stück weit auf, weshalb „Liebe“ nicht schon „Beziehung“ ist, nicht identisch mit Beziehung ist: Beziehung bedeutet für Buber wohl das „aneinander wirken.“ In der Ich-Du-Beziehung steht dieses aneinander Wirken unter dem Vorzeichen des umfassenden Sehens des DU – was dann die Liebe bedeutete. In dem „unmittelbaren Hassen“ kann wohl immerhin einiges vom „am anderen wirken“ stecken – freilich nicht in Gegenseitigkeit, also m.E. auch nicht in „Beziehung.“ Nach all dem bleibt mir also fragwürdig, wie diese „Beziehungsnähe“ des „unmittelbar Hassenden“ aussehen soll. Vielleicht hat sich Buber selbst als Hassender „beziehungsnah“ gefühlt. Andererseits hat der Abschnitt und besonders der Satz mit geholfen, genauer zu verstehen, dass Beziehung, Liebe und die Ich-DU-Situation nicht identisch sind.

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